Lernen, kognitive Neurowissenschaft und die Gestaltung von WBTs

Transkript

Zurück zur Episode

Lernen, kognitive Neurowissenschaft und die Gestaltung von WBTs

Skript für ein Audio-Podcast, Nils van Well, vom 07.02.2021

3. Menschliches Lernen

m: Charakteristisch für das menschliche Lernen, sei die unablässige Suche nach abstrakten Regeln, Schlussfolgerungen auf hohen Ebenen, die Frau und Mann aus Beobachtungen ableiten und anschließend in anderen Situationen überprüfen. Künstliche Intelligenz sucht bis dato lediglich nach Mustern. Menschen erkennen nicht nur Muster, sondern nutzen sie für Vorhersagen.

w: Bereits Neugeborene und Kleinkinder erlernen die Bedeutung von Worten, in dem sie eine Hierarchie von Hypothesen anwenden. Das menschliche Gehirn priorisiere Informationen sehr schnell und sei ständig auf der Suche nach abstrakten Konzepten, nach einer generellen Logik, die es übertragen kann. Der biologische Sinn hinter dieser Flexibilität ist, dass sich der Mensch sehr schnell an unvorhersehbare Umstände anpassen kann.

m: Was unterscheidet Mensch und Maschine noch?

w: Künstliche neuronale Netze benötigen große Datenmengen, um eine Information herauszufiltern. Babys hingegen lernen ein neues Wort in einer bestimmten Entwicklungsphase mit ein oder zwei Wiederholungen. Woran liegt das?

m: Für Dehaene entwickelt sich unser Gehirn mit zwei Eigenschaften. Erstens, wachsen alle wichtigen Verbindungen im Gehirn in festgelegten Bahnen.

w: Umgangssprachlich könnte man sagen, das Gehirn ist vorverdrahtet.

m: Zweitens, besitzen bereits Neugeborene ein Vorstellung, was ein Objekt ausmacht, dass es der Schwerkraft unterliegt und kein Lebewesen ist. Neugeborene haben einen Sinn für Zahlen, eine Vorliebe für Sprache und für Gesichter; und sie wissen, dass Menschen Intentionen verfolgen.

w: Tierversuche haben gezeigt, dass bestimmte Tierarten ebenfalls über angeborenes Vorwissen verfügen, zum Beispiel über Mengen, also ebenfalls einen Zahlensinn besitzen. Gehirne haben eine lange Entwicklungsgeschichte.

m: Für Dehaene ist das Gehirn Neugeborener keine leere Festplatte, sondern entwickelt sich nach einen hochdifferenzierten Bauplan, verfügt über angeborenes Vorwissen und ist mit einer Arbeitssprache ausgestattet. Deshalb lernt es so schnell und lernt, in dem es Vorhersagen bildet und überprüft. Lernen bedeutet, dass das Gehirn Schemata bildet und testet. Lernen ist aktiv und kein passiver Kopiervorgang.

w: Wenn das Gehirn auf diese Weise lernt, wie lässt sich Lernen fördern?

m: Dehaene nennt vier Tragpfeiler, die für das Lernen entscheidend sind:

m: Aufmerksamkeit, aktives Engagement, Feedback und Konsolidierung. Keiner dieser Punkte ist neu, aber Dehaene unterfüttert sie mit den Erkenntnissen der Neurowissenschaft und gibt ihnen damit neues Gewicht.